Kolumne: Wer braucht schon Rennen? Es gibt doch STRAVA!
- Mathias
- 22. Nov. 2015
- 3 Min. Lesezeit
"Oh! Hobbyfahrer_Horst hat gerade deinen KOM gestohlen!" - ich habe noch nicht einmal den eMail-Betreff zuende gelesen, da könnte ich mein iPhone schon gegen die Wand schmeißen. Wie zum Teufel kann auf dem Trail irgendjemand schneller sein als ich? Das MUSS ein STRAVA-Fehler sein!
So oder so ähnlich hat es sich im Laufe der letzten 1,5 Jahre in meinem Kopf zugetragen. Mehrfach. Ganz bestimmt.

Racing gehört einfach dazu. Aber muss es immer unbedingt ein organisiertes Rennen sein?
Aber jetzt mal von vorne
Wettkämpfe sind etwas wunderbares. Egal ob auf dem Downhiller, Enduro-, Cross Country-, Cross- oder dem Rennrad, immer finden sich genügend Freiwillige, um im organisierten Rahmen und mit Startnummer moderne Ritterturniere auszutragen. Oft ist nach einem oder zwei Tagen alles wieder vorbei und man geht im besten Falle mit einem Pokal nach Hause.
So weit zur Theorie. Nun zur Praxis

Seit meinem 15. Lebensjahr fahre ich mit unregelmäßiger Regelmäßigkeit kreuz und quer durch Europa, nur um mit manchmal mehr und manchmal weniger Gleichgesinnten einen todernsten Schwanzvergleich auf zwei Rädern zu starten.
Hin und wieder bin ich mit einem Pokal nach Hause gekommen, öfter jedoch mit Materialdefekt, einem Knöllchen für falsches Parken oder einem gebrochenen Arm. Am meisten jedoch mit nix. Warum mache ich das also?
Angefangen hat alles aus Spaß am Biken. Dann kam irgendwann das erste Rennen, dann die ersten Erfolge. Ich fand es einfach aufregend mich mit anderen zu messen - ergebnisoffen. (Außerdem war ich mitten in meiner Jugend und auf Rennen war die Bikerinnen-Dichte im Vergleich zum Real Life einfach unschlagbar hoch.)
Das Problem an der Sache: Ziemlich schnell wird alles zur Routine. Man kennt die Leute, man kennt die Strecken, man weiß vorher schon, wo man am Ende steht - wenn die Tagesform passt.

Defekte bleiben nicht aus. Blöd nur, wenn man 6 Stunden angereist ist und nur einen Versuch hat.
Passt sie am Renntag gerade einmal nicht, endet das Wochende ziemlich sicher in einer Enttäuschung. Da kann man dann nur von Glück reden wenn man nicht für einen Sponsor fährt, der einen dazu verdonnert am Rennwochende irgendwelche #Hashtag Posts abzusetzen, wie #megatoll, #epic und #totalsuperflowigspaßig die Trails doch (eigentlich überhaupt nicht) waren.
Das Rennen fahren wird eher zur Pflicht, als zur Kür.
Und genau hier kommt STRAVA ins Spiel
Seitdem das orangene App-Logo den Home-Bildschirm meines Smartphones ziert, wird jede Trainingsfahrt zum potenziellen Wettkampf.
Das ganze hat zwei entscheidende Vorteile:
1) Ist das Wetter gerade unterirdisch oder habe ich einfach keine Lust - dann lasse ich es blieben. Ich entscheide selbst wann und wo angegriffen wird.
2) Nach dem Rennen ist vor dem Rennen

Mit Strava kann man überall Rennen fahren. Und wenn es einmal nicht so gut lief, dann startet man einfach einen zweiten Versuch!
Kaum hat man seine persönliche Bestmarke gesetzt und sieht sich schon mit After Ride-Bierchen auf dem Sofa, wird sie wieder von irgendjemand pulverisiert.
Nicht selten habe ich deshalb schon ein paar extra Kilometer in Kauf genommen, nur um nochmal schnell auf einem Segment erneut einen Versuch zu starten.
Durch STRAVA trainiere ich also tendenziell länger und härter und ich habe mehr Spaß daran. Es fühlt sich ein bisschen so an wie Computerspielen - nur eben draußen im Wald.
Wieso also noch Rennen fahren?
Wettkämpfe überall und zu jeder Zeit - das verspricht Strava. Aber ist es wirklich ein Ersatz für das Duell von Angesicht zu Angesicht? Fühlt es sich nicht besser an, wenn man tatsächlich sieht, mit wem man es zutun hat? Ich denke schon.
Strava befriedigt zwar mein Verlangen nach Wettkämpfen, dennoch kann es sie nicht ersetzen.
Zum einen ist es einfach aufregender, wenn man mit scharfgeschaltetem Transponder durch einen abgelatterten Trail fräst und zum anderen, und das ist viel wichtiger, wäre es schade um die unzähligen tollen Bekanntschaften und Freunde, die man im Laufe der Jahre kennengelernt hat.
Was lernen wir daraus?
Seitdem ich die App auf dem Handy habe, denke ich bewusster darüber nach, für welches Rennen ich mich anmelde.
Dadurch, dass sie mein Grundverlangen nach Racing im Prinzip zu jeder Zeit befriedigt werden kann, fällt es mir leichter bei manchen Rennen eben NICHT zu starten.
Wieso sollte ich meine Freizeit dafür verwenden an einem Rennen teilzunehmen, wo ich vorher schon weiß, dass die Trails scheiße sind? Nur weil es das vierte von fünf einer Rennserie ist? Sicher nicht.
Es hat mehrere Jahre gedauert, das zu erkennen - und Strava hat mir dabei geholfen.
Der Spaß beim Biken mit tollen Leuten, ist das was zählt.

So sieht ein gelungener Rennabschluss aus. Tolle Trails, zufriedene Biker, leckeres Bier.
Hobbyfahrer_Host hatte sicher ein Lächeln im Gesicht, als er das Krönchen vor seinem Namen in der Bestenliste gesehen hat. Das freut mich für ihn.
Leider wird seine Freude nicht von langer Dauer sein, denn Strava gibt in diesem Fall gleich schon einen Hinweis was zu tun ist:
"Auf zur Revanche! Wir wünschen dir viel Spaß und pass auf dich auf."
Danke STRAVA, den werde ich haben.
Ich bin dann mal Biken....
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